Gerudert, gefuttert gesungen: Dit is Balin!
Das Anrudern in Berlin ist für manche Hamburger inzwischen eine liebgewordene Tradition geworden. Und nach den Einschränkungen der Pandemie machte sich 2023 endlich wieder eine kleine Delegation der HANSA zum Anrudern nach Friedrichshagen auf, um die Berliner Herzlichkeit zu erleben.
Bericht von Anja Haegele
Eigentlich sind Berlins Eingeborene für ihren eher rauen Charme bekannt. Und vielleicht war die überschwängliche Herzlichkeit, mit der wir an diesem 1. April überall empfangen wurden, ja auch als Scherz gedacht – noch wahrscheinlicher lag es aber daran, dass die Schmöckwitzer, Rahnsdorfer und Friedrichshagener Ruderer es kaum fassen konnten, dass eine Delegation aus Hamburg (wo es ja viel öfter regnet als in Berlin) ausgerechnet zum Schlechtwetter-Anrudern an die Spree gereist war.
„Das ist so schön, dass Ihr gekommen seid“, wird unsere Zehner-Delegation (Jakob, Achim, Frank, Adrian, Patrick, Johannes, Inga, Katharina, Antonia und Anja) in Friedrichshagen zur großen Party sogar mit Umarmung begrüßt – nachdem wir im Nonstop-Dauerregen rund 30 Kilometer von der T.I.B. in Oberspree über Spree, Dahme, Seddinsee, Gosener Kanal, Neu-Venedig und Müggelsee bis zu ihnen gerudert waren.
Selbst die Wechselkleidung war zu diesem Zeitpunkt schon so komplett durchnässt, dass wir uns erstmal dicht am Grill wärmen, trocknen und die hungrigen Mägen füllen mussten, bevor an Getränkebestellungen auch nur zu denken war. Unsere von der T.I.B. geliehenen Boote (Hauptmann von Köpenick und Saale) wurden derweil mit Motorbooten auf die andere Seite der Müggelspree vor Anker gelegt (etliche Glühweine später bekamen wir sie zwar reichlich vollgeregnet zurück, hatten aber im Vergleich zu einem Berliner Achter Glück, der nämlich wurde beim Rücktransport an den Steg mal eben gekentert und unter der Wasseroberfläche zurückgeschleppt …).
Feiern jedenfalls können sie in Berlin bei jedem Wetter, mit lautstarken Hits der 80er und 90er, Paartanz im Regen, saftigen Steaks vom Grill und einem mächtigen Kuchen- und Schmalzbrote-Buffet.
Später, zurück in Oberspree, wo wir in komfortablen Vierbettzimmern der T.I.B. nächtigen durften, gings dann erstmal unter die wunderbar heiße Dusche, bevor Johannes köstliche Spaghetti Bolognese kochte – ein kulinarisches Highlight, vor allem im Vergleich zum Vorabend-Menü: Bestellpizza und Unmengen salzigen Popcorns, die Jakob in einer extra mitgebrachten Maschine zubereitet hatte.
Am Sonntag wollten wir bei lausiger Kälte und schneidendem Wind aber Sonnenschein noch eine Sightseeing-Runde durch Berlin drehen. Erstmal bewunderten wir den Bootspark der T.I.B. wo es noch Vorkriegs-Holzboote gibt, mit wunderbar geschmiedeten und blau lackierten Steuersitzen – echte Augenweiden!
Spreeaufwärts ging es dann bis zum Treptower Kanal, vorbei am Jacobs-Kaffeewerk und unter mehreren Autobahn-Brücken hindurch bis zur Neuköllner Schleuse, von dort entlang Estrel-Hotel und Neuköllner Altbauten bis in den Landwehrkanal. Paul-Lincke- und Maybach-Ufer, das herrlich gentrifizierte Kreuzberg: riesige Spielplätze, Familien auf Lastenbikes, kiffende Teenager, Pride-Deko, die Ankerklause an der Kottbusser Brücke, wunderschön, hier entlang zu rudern!
Am Urbanhafen entschieden wir uns gegen ein frühes Mittagessen und für die Weiterfahrt am Halleschen Tor entlang zu Gleisdreieck und Möckernbrücke hinter der malerisch der Rosinenbomber an der Fassade des Deutschen Technikmuseums schwebt. Am Potsdamer Platz hörte man schon von weit her die Samba-Formationen ihre mitreißenden Rhythmen trommeln: Es war Halbmarathon-Tag in Berlin, ein paar Blicke auf die Läufer auf der Potsdamer Brücke ließen sich ebenfalls erhaschen.
Weiter, immer weiter ruderten wir, am Schöneberger Ufer und dem markanten Sheraton-Hotel vorbei bis zum Zoo, wo wir am der Vogel-Volière gegenüberliegenden Ufer zu einer kurzen Rast und Bio-Pause festmachten. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit (als Zug-Reisende hatten wir ein fixes abendliches Ziel, die S-Bahn um 17.31 Uhr), entschlossen wir, die Rückrunde unter der Oberbaumbrücke hindurch zu skippen und mit erhöhter Schlagzahl denselben Weg zurück zu rudern (später erfuhren wir Glückspilze, dass eine dafür benötigte Schleuse ohnehin geschlossen gewesen wäre).
Punkt 16 Uhr legten wir schließlich wieder in Oberspree an, putzen die Boote, packten zusammen und hatten, bevor unser ICE um 18.19 Uhr Berlin Südkreuz verließ, sogar noch ein paar Minuten Zeit, beim Bahnhofs-Asiaten ein paar Reisnudeln und Frühlingsrollen to go zu shoppen.
Was für ein volles Wochenende! Es wurde viel gelacht, laut übers Wetter geflucht, gerudert, gefuttert und gesungen – herrlich! Dit is Balin – im nächsten Jahr sind wir wieder dabei!
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