Wanderfahrt Schwentine

Wohl bekannt ist sie, die berühmt berüchtigte Wanderfahrt über die naturbelassene Schwentine von Eutin nach Kiel. Bedingt durch den diesjährigen Stegbau und dadurch die Nichtverfügbarkeit der Hansa-Wanderruderboote fand die diesjährige Schwentine-Wanderfahrt allerdings in anderem Format statt, von Kiel nach Plön und zurück mit Booten der RG Germania Kiel.

Ein Bericht von Ben Höynck


Die Mannschaft war schon komplett am Vorabend angereist, um sich beim gemeinsamen Angrillen kennen zu lernen. Jeder hatte etwas mitgebracht, vom Lammfleisch über Halloumi, Kartoffelsalat bis zu Pizzaschnecken war für jeden etwas dabei. Jakob hatte familiäre Verstärkung mitgebracht, die sich aber nicht zum freiwilligen Landdienst während unserer Tour hinreißen ließ. Nach einem schönen ersten Abend bezogen wir unsere Quartiere im oberen Saal der Germania, inklusive der Präsidentensuite, in der sonst Vorstandssitzungen stattfinden. Wer hier keinen Platz fand, musste leider auf umliegende Hotels ausweichen.

Nach ausgiebigem Frühstück starteten wir den Rudertag mit dem Kennenlernen der beiden D-Gig Boote der Mertens-Klasse. Leider konnten wir die Tour erst mit leichter Verzögerungen beginnen, da uns der heilige Gral der Germania in Form des Schlüssels zum Bootshaus abhandengekommen war.

Los ging es über die ruhige Kieler Förde Richtung Dietrichsdorf. Zehntausende Kieler säumten sprachlos ob des ausgesprochen guten Wetters das Ufer und wir passierten die Bootsgasse an der Holsatiamühle, der Mündungsstelle der Schwentine. Geschützt von der unruhigen Förde und der zentimeterhohen Tide haben sich hier einige Kieler ihr kleines Paradies am Wasser geschaffen.

Verlässt man das Kieler Stadtgebiet zeigt sich die Schwentine von ihrer natürlichen Seite, der Flusslauf schlängelt sich gesäumt von Schilf durch das Schwentinetal. Die Strömung hier ist mild, sodass das Rudern flussaufwärts kaum auffällt. Gelegentlich finden sich vermeintliche Abzweigungen oder Altarme, die aber nicht passierbar sind.

Wie der Name schon sagt, besteht eine ordentliche Ruderwanderfahrt aus einer Wanderung und der Fahrt im Ruderboot dahin. Unsere Wanderung begann an der Oppendorfer Mühle, wo wir die schweren Boote aus dem Wasser hievten und mit dem Bootswagen auf unsere 2km-Exkursion mitnahmen. Da die Route durch Wälder und Obstbaumhaine, vorbei an der Rastorfer Mühle so malerisch war, drehten wir gleich mehrmals die Runde und nahmen so auch gleich das zweite Boot mit. Um den sportlichen Charakter zu wahren, hatte der Herrgott zuvor den größten Teil der Luft aus den porösen Reifen entnommen. Man muss es positiv sehen, so konnten wir bergab auf eine Bremse verzichten.

Nachdem die Boote wieder im Wasser lagen, verzeichnete die Mannschaft ihren ersten ungeplanten Verlust. Weiter ging es mit 9 Ruderern und über die Schwentine durch einige niedrige Brücken hindurch, die nur liegend durchfahren werden können, der Flusslauf beidseitig gesäumt mit dichtem Schilf. Die Schwentine wies stellenweise nur die Breite der ausgestellten Skulls auf und mäandrierte um umgefallene Bäume herum, was die Fahrt nur für ausgezeichnete Steuerleute zuließ. Im Stadtgebiet von Preetz nahm die Fließgeschwindigkeit durch die Kanalisierung des Flusses nochmal deutlich zu und entließ uns nach erfolgreichem Kampf gegen die Strömung auf den Kirchsee. Wir verkürzten die Etappe und machten am Preetzer Ruderclub für die Nacht halt. Wie sich herausstellte, fand hier gerade ein Trainingscamp für Leistungssportler statt. Dies sollte uns nicht zum Nachteil werden, denn aufgrund der Überforderungen der lokalen Taxibetriebe mit einer Großgruppe von 9 Leuten, die ohne Anmeldung zum Nachtquartier transportiert werden musste, sprangen die jungen Leistungssportler mit ihren ebenso sportlichen Fahrzeugen ein und brachten uns zu unserer Jugendherberge in Plön. Ein Teil der Gruppe blieb noch vor Ort und gab wertvolle Tipps für die nächste Regatta an die jungen Sportler weiter. Der Rest bezog Quartier in der Herberge und sondierte Möglichkeiten für die abendliche Verpflegung. Hier bot sich der nahe gelegene Seeimbiss mit traumhaftem Blick auf den kleinen Plöner See an.

Der nächste Tag begann mit einem ordentlichen Frühstück, der Bahnfahrt zurück nach Preetz sowie einem erfrischenden Spaziergang durch ebendiesen Ort. Im Brauereiviertel hatten wir uns kurz verlaufen, da wir statt die Brauereiallee zu nehmen an der kleinen Bergbrauerei gelandet waren. Am Ruderclub hatten die Leistungssportler bereits ihre erste Leistungseinheit absolviert und wir konnten sogleich unsere Boote zu Wasser lassen. Über den Lanker See ging es vorbei an der Ratten- und der Sonneninsel, immer mit mehr als 40m Abstand zum Ufer, um keine bedrohten Wildtiere zu gefährden. Dank der fachkundigen Einweisung vor Ort konnten wir die gefährlichen Unterwasser-Granitfelsen vor der Schwentinemündung umschiffen und ohne Verluste an Booten in die Schwentine einfahren. Hindurch zwischen zwei engen Pfeilern ging es in einen mit umgestürzten Bäumen gesäumten Flussabschnitt. Diese Passage zum Gebiet des Naturparks Holsteinische Schweiz machte uns die Weiterfahrt schwer und wir liefen auf einem Baum auf. Heldenhaft konnte Jakob jedoch die Boote eins nach dem anderen an die Hand nehmen und über diese Untiefe helfen. Zum Glück verpasste er es nicht, nach dem letzten Boot rechtzeitig den Baum zu verlassen und das Boot schwimmend einzuholen und zu besteigen. Die Boote haben es entspannt gesehen, hier erwiesen sich die robusten Boote mit metallverstärktem Kiel als äußerst geeignet.

Nach Überfahrt über den Fuhlensee, Kronsee und den kleinen Plöner See tankten wir mittags am Seeimbiss unsere Kräfte auf. Hier platzten wir mitten in dessen Geburtstagsfeier, zu der nicht nur die RG Hansa, sondern auch einige Bikerclubs in Mannschaftsstärke erschienen waren. Nach Nahrungsergänzung konnte auch die Mannschaft ergänzt werden, Joachim hatte sich zur Unterstützung eingefunden.

Um die Tagesetappen ausgewogen zu halten, machten wir uns nun auf den Rückweg Richtung Preetz. Um die Fahrt etwas abwechslungsreicher zu gestalten, machten wir auf einen Espresso Halt an der Wahlstorfer Mühle. Den Baum meisterten wir in gleicher Methodik wie bei der Hinfahrt. Später machten wir aufgrund der höheren Fahrgeschwindigkeit mit dem Strom allerdings noch eine Uferbekanntschaft. Hierbei muss gesagt werden, dass größte Teile der Schwentine nur von Spitzensteuerleuten durchfahren werden kann, da die deutliche Strömungsgeschwindigkeit mit schnellen Kurvenwechseln gepaart ist und man auch auf den Mannschaftsplätzen keine Sekunde unaufmerksam sein darf.

Zurück im Ruderclub Preetz machten wir uns auf den Rückweg zum Übernachtungsort Plön und verabschiedeten Christine, die uns flussabwärts nicht weiter begleiten konnte. Da wir nun für den Tag bereits ausreichend gefahren waren, folgte um der Bezeichnung „Wanderfahrt“ gerecht zu werden auf ein standesgemäßes Abendessen bei guter Küche in einer örtlichen Prasserie eine kleine Wanderung am Ufer des großen Plöner Sees zur Herberge. Dort sorgten wir noch für eine Gewichtsreduzierung des flüssigen Gepäcks, um die Passagen des kommenden Tags bewältigen zu können.

Am dritten und letzten Tag ging es wieder über Kirchsee und unter niedrigen Brücken zurück durch das Schwentinetal, das zweifelsohne nach der naheliegenden gleichnamigen Ortschaft benannt worden sein muss, zurück. Das Umtragen an der Oppenheimer Mühle ging deutlich einfacher vonstatten als auf dem Hinweg, da der Fahrtenleiter eine Luftpumpe für die Reifen des Bootswagens organisiert hatte und wir nun dem Herrgott ein Schnippchen schlagen konnten. Bei einer Rast im ebenfalls durchquerten Wildpark Schwentinetal stärkten wir uns am Kiosk an preisgekröntem Kaffee, Lakritz und Lunchtüten aus der Jugendherberge.

Nachdem die Boote wieder zu Wasser gelassen und alle Seesäcke verladen waren, konnten wir unsere Fahrt Richtung Kiel fortsetzen. Leider neigte sich ein Baum vom Ufer soweit herab, dass ein Skull eine unangenehme Berührung hinnehmen musste. Dieses konnte aber provisorisch repariert und die Fahrt fortgesetzt werden. Hinter der Bootsgasse in Dietrichsdorf befanden wir uns wieder auf der Kieler Förde, die uns etwas unruhiger als bei der Hinfahrt verabschiedete und diese wundervolle Wanderfahrt bei der RG Germania Kiel zu Ende gehen ließ.

Abschließend kann man sagen, dass die Schwentine kein einfach zu berudernder Fluss ist durch ihre schmale Erscheinung, die engen Kurven, gepaart mit einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit und vielen Bäumen und Büschen im Wasser. Dies hat wohl auch dafür gesorgt, dass wir außer im Ruderrevier am Lanker See keinen anderen Ruderbooten begegnet sind, die die Fahrt durch dieses unglaublich schöne, verträumte und natürliche Flüsschen gewagt haben. Zudem hat es Petrus mit uns unglaublich gut gemeint und hat die Regenjacke zum Ballast degradiert.

Wolfgang und Marc machen in Preetz der ausgiebig scheinenden Sonne Konkurrenz
Joachim unter dem Blätterdach der Schwentine (Anfang Mai noch mit Lücken).
Fitzcarraldo bergab auf der Rücktour
Katharina und Christine hoch motiviert am Beginn der Tour auf der Mittelschwentine in Kiel Dietrichsdorf (Jakob kommt aus Kiel und kennt das schon, er checkt lieber e-mails)
Ben, Katharina, Christine und Jakob in den Mangrovensümpfen nach der Otterndorfer Mühle
Logistische Herausforderungen an der Oppendorfer Mühle. Mike (82) wirft einen prüfenden Blick auf die Bemühungen des Nachwuchses (Katharina, Christine und Melanie)
Björn, Mike, Jaqueline, Wolfgang, Marc, Christine und Melanie überwinden den Berg bei Schwentinental, Jakob an der Spitze gibt den Fitzcarraldo.
Am Stausee vor Schwentinental sinniert Jakob über den Sinn des Lebens ( den Beutel hat er auf der Rücktour übrigens dort vergessen und musste die 2 Kilometer zurückrennen während der Rest etwas verschnaufen konnte).
Björn, Marc, Ben, Christine und Jaqueline genießen den wohlverdienten Feierabend am Plöner See.
Wolfgang entspannt sich auf dem kleinen Plöner See von den Stegsorgen.
Christine nach Überwinden eines Baumhindernises im Flusslauf.
Mittelschwentine vor Kiel-Dietrichsdorf.

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