Hilfe! Meine Alkoholkumpels haben ein Ruderproblem!*
„Hurra, hurra, wir fahren nach Berlin!“ hieß es dieses Jahr zum alljährlichen Abrudern am 29.11.2016. Anstatt an die Alster ging es dieses mal zum Eisenbahn-Sportverein Schmöckwitz e.V.! Ein Bericht von Frank Schmidt aus dem Osten Berlins.

Auf ein Bier in Neu Venedig! Die Alkoholkumpels (von vorn ): Thomas, Stephan, Imo, Frank, Michael, Timo, Alexander und Thomas‘ Vater Dieter.
Wer kennt sie nicht, die Veranstaltungen zum An- oder Abrudern rund um die Alster. Alles sauber und gediegen, gastronomiegestützte Perfektion und nobles Understatement. Typisch hanseatisch eben.
Doch es geht auch anders, zum Beispiel im Osten Berlins an Spree, Müggelsee und Dahme. Hier findet man sie, die Arbeiterrudervereine mit ihren mächtigen Vereinsheimen aus der Vorkriegszeit, die wie Trutzburgen die Ufer säumen, überzogen mit einer Patina aus drittem Reich und Sozialismus, mit ihren riesigen Sälen, verwinkelten Treppenhäusern und spitzen Türmen. Hier feiert man das Abrudern ein wenig anders.
„Hurra, hurra, wir fahren nach Berlin!“ hieß es also dieses Jahr für Thomas, Alexander, Timo, Imo, Stephan, Michael und mich. Zusammen mit Thomas‘ Vater und Benno als ortskundigem Steuermann ging es in einem schönen Doppelachter aus dem Jahre 1903, der Castor vom Sportclub Berlin-Köpenick e.V., auf Tour. Da das Boot ein wenig hecklastig wirkte wurde zum Austarieren noch ein Kasten Berliner Kindl im Bug verzurrt. Derart gerüstet stand der 30-Kilometer-Ausfahrt nichts mehr im Wege.
Erstes Ziel war der Sportverein Energie Berlin e.V., Abteilung Rudern. Dort war man ebenfalls emsig dabei, die Boote für die Ausfahrt klar zu machen. Flugs wurde hier eine Runde Anlegebier bestellt um die weitere Route zu besprechen. Nächstes Ziel sollte Neu Venedig mit dem dortigen Ruderclub Rahnsdorf Luftfahrt e.V. sein. Doch zuvor musste der Müggelsee überquert werden, der schon so mancher Ruderbesatzung bei ungünstigem Wind zum Verhängnis geworden war. Doch wir Hamburger Jungs sind auf der Elbe auch so einiges gewohnt und die Überfahrt verlief ohne Probleme, obwohl mit Abnahme der Distanz zum gegenüberliegenden Ufer die Höhe der Wellen umgekehrt proportional zunahm. Aber darauf erst einmal eine Halbe!
Weiter ging es durch die Kanäle Neu Venedigs, einer Wohn- und Wochenendhaussiedlung im Berliner Ortsteil Rahnsdorf zwischen Dämeritz- und Müggelsee. Hier ergab sich die Gelegenheit zu einem schnellen Bord-Bier aus dem bootseigenen Vorrat bevor die nächste Etappe zum Eisenbahn-Sportverein Schmöckwitz e.V., dem Austragungsort des Berliner Abruderns, in Angriff genommen werden konnte.
Diese Etappe führte uns zunächst durch den Gosener Kanal hinaus auf den Seddinsee, an dessen westlichem Ufer der Eisenbahn-Sportverein in einem riesigen Vereinshaus residiert. Hier ging bereits die Post ab. Schon bei der Anfahrt wurden wir von einer Art Hafenmeister im Motorboot in Empfang genommen, der uns, nachdem wir ihn mit einer Flasche Bier bestochen hatten, recht zügig einen Anlegeplatz zuwies. Dort wurden wir von einer professionell agierenden Anlegemannschaft in Empfang genommen, die nach dem Aussteigen unseren Achter übernahm und „auf Reede“ legte, um weitere Boote abfertigen zu können.
Also hinein ins Getümmel! Schnell noch einen Anlegeschnaps, denn die Blase drückte und zurück zu den Jungs. Oh, schon Bier besorgt – bestens! Der DJ war gut aufgelegt und spielte für uns „‚Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“‘, Steaks und Würstchen waren ausgezeichnet und das Kuchenbuffet verdiente sich das Attribut überbordend. Wir ließen es uns gut gehen, die Zeit zum Abschied kam viel zu schnell, aber wir hatten noch ein Stück zu rudern.
Der Rückweg führte uns über den Langer See und die Dahme zur Regattastrecke Grünau, die wir in sportlicher Weise absolvierten, bevor wir wieder beim Sportverein Energie Berlin e.V. anlegten. Mittelweile begann es bereits zu dämmern und um uns nach der Anstrengung nicht zu verkühlen beschlossen wir, uns erst einmal in der Gaststätte aufzuwärmen. Außerdem bekommt man vom schnellen Rudern mächtigen Durst, das kennt man ja schon…!
Derart gestärkt vergingen die letzten Kilometer bis zum Sportclub Berlin-Köpenick e.V. wie im Fluge. Als das Boot dann geputzt in der Halle lag und die Kronkorken von den letzten Flaschenhälsen sprangen gingen schon die ersten Sterne auf. Es war ein schöner Ausflug, darin waren sich alle Teilnehmer einig.
Wir bedanken uns beim Sportclub Berlin-Köpenick e.V. für Boot und Unterkunft sowie bei allen Vereinen auf unserem Weg für die gastliche Aufnahme, besonders aber beim Eisenbahn-Sportverein für die tolle Party! Das war sicherlich nicht unser letzter Besuch in Berlin!
* Diesen Spruch habe ich mir nicht selber ausgedacht, sondern auf den Trikots eines anderen Rudervereins entdeckt. Irgendwie passend.
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